Wettkampfberichte

42. int. Steinhuder-Meer-Lauf

Den Steinhuder-Meer-Lauf des TSV Poggenhagen hatte ich wegen seiner Verbindung zum größten See Niedersachsens schon einige Jahre auf meiner Wunschliste und entschied mich in diesem Jahr nun endlich und – wie so häufig – reichlich spontan für eine Teilnahme mit der gesamten Familie. Es wurde somit der erste Lauf der Jesche Runners seit mehr als zwei Jahren.

Nachdem meine Kinder ihre Läufe bereits beendet hatten, ging es für mich gemeinsam mit den 5- und 10-km-Läufern auf die Halbmarathonstrecke. Vorgenommen hatte ich mir wenigstens eine Zeit von unter 1:30 Std., erhoffte mir aber ein bisschen mehr. Für eine Bestzeit stimmte meine Form nicht, das war mir ziemlich klar. Zudem war es für meine Verhältnisse deutlich zu warm, das spürte ich schon um 10 Uhr, als sich der Pulk der Läufer und Läuferinnen in Richtung Badeinsel in Steinhude auf den Weg machte.

Im Startbereich beim 42. int. Steinhuder-Meer-Lauf
Mit der Nr. 72 im Startblock des 42. int. Steinhuder-Meer-Laufs © Niklas Strecker, TSV Poggenhagen

Eine Seite der Medaille ist, dass man ein Gefühl dafür hat, was die Form hergibt, die andere ist Hoffnung, dass man wider besseres Wissen schneller läuft. Ich lief also wie immer los, als könnte ich das Rennen auf dem ersten Kilometer entscheiden – 3:54 min/km. Es folgte ein fast ebenso schneller zweiter Kilometer, ehe ich langsamer wurde und zumindest bis Kilometer sechs sogar immer Bereich der Pace blieb, die für eine neue persönliche Bestzeit genügt hätte. Was die Strecke anging, kamen immer mal wieder Erinnerungen in mir hoch. Teile des Kurses, der auf gemischten Untergründen verlief, erkannte ich von meinem ersten 50-km-Lauf wieder.

Als die Läufer des 10-km-Laufes zwischen Kilometer sechs und sieben abbogen, befand ich mich plötzlich allein auf weiter Flur. Konnte es sein, dass ich Erster war? Es schien so. Ein nicht nur gutes Gefühl, das mich zu gleichen Teilen beflügelte und lähmte. Ich fühlte mich gejagt und hatte Angst davor nachzulassen und war andererseits stolz und die Aussicht auf den Sieg in einem Rennen machte mir Feuer. Ich konnte mich nicht erinnern, je einen Lauf angeführt zu haben. Altersklassen hatte ich schon gewonnen und war auch schon Zweiter bei einem 5-km-Lauf. Aber Erster? Nee, das war etwas Neues.

Dass ich mich ganz gewaltig überschätzt hatte, stellte ich an der Brücke zur Badeinsel in Steinhude fest. Weil sie den einzigen Zugang zur Insel darstellt und der Kurs vorsah, die Insel zu umrunden, begegnete man weiter vorne platzierten Läufern zwangsläufig. Und so kamen mir plötzlich das Führungsfahrrad und dahinter zwei Läufer entgegen. Daran hätte ich denken müssen! Selbst bei einem eher kleinen Volkslauf, begleitet den führenden Läufer in der Regel ein Fahrrad. Mit schon jetzt nachlassenden Kräften drehte ich meine Inselrunde und warf beim Überqueren der Brücke den letzten Blick auf den See für heute. Die Insel war der einzige direkte Kontakt des gesamten Laufs zum Steinhuder Meer. Schade!

Auf meinem Weg zurück durch Steinhude sah ich nun meinerseits die hinter mir liegenden Läufer und Läuferinnen. Einige spendeten mir sogar Applaus für meine Leistung! Ich danke oder lächelte wenigstens in Richtung der Person. Noch war ich gut unterwegs, spürte aber, wie ich abbaute. In Strand applaudierten mir einige Spaziergänger, die dem Lauf während ihres Sonntagsspaziergangs beiwohnten. Ich wäre Zweiter, riefen sie mir zu. Doch damit irrten sie. Oder nicht? Bestimmt war einer der führenden Läufer schon so weit voraus, dass sie ihn nicht gesehen und deswegen auch nicht mitgezählt hatten. Nach vorne ging für mich eh nichts mehr. Im Gegenteil: Hinter mir hörte ich seit einiger Zeit Schritte immer näher kommen. Ich wusste, dass es nur eine Frage von Minuten war, ehe mich der Läufer überholt hätte. Meine Kilometerzeiten waren längst im Bereich von 4:2x min angekommen. Zu langsam.

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Mein Gefühl hatte nicht getrogen, meine Form war nicht so gut, wie sie es im Frühjahr dieses Jahres gewesen war. Die Temperaturen jenseits von 20 °C machten mir das Läuferleben zusätzlich schwer. Erstaunlich lange blieb ich noch vor dem Verfolger und wurde erst kurz nach dem Verpflegungspunkt bei Kilometer 15 geschluckt. Wie der Zufall es wollte, war ich Anfang der Woche erst nachts um das Steinhuder Meer gelaufen. Genau hier hatten die letzten und leicht gruselig-nebligen Kilometer meines Nachtlaufs begonnen. Heute ging es nicht weiter ins Tote Moor, stattdessen beschrieb die Strecke eine 180-Grad-Wende.

Zieleinlauf beim 42. int. Steinhuder-Meer-Lauf
Der letzte Meter des 42. int. Steinhuder-Meer-Laufs

Wir liefen nun eine Art Damm entlang und an dessen Ende scharf links zurück Richtung Poggenhagen. Damit befanden wir uns wieder auf dem Streckenabschnitt, den wir bereits zwischen Kilometer fünf und sieben in umgekehrter Richtung gelaufen waren. Es waren nur mehr vier Kilometer bis zum Ziel. Indes ließ sich der Leistungsabfall meinen Kilometerzeiten ablesen. War ich Kilometer 16 noch in 4:22 min gelaufen, brauchte ich für den nächsten bereits zehn Sekunden mehr und auf diesem Niveau pendelte ich mich ein, hatte sogar größte Mühe, es überhaupt zu halten. Trotzdem musste ich zwei Kilometer vor dem Ziel noch einen weiteren Läufer an mir vorbeiziehen lassen. Seine Frage, wie es ginge, beantwortet ich mich: „Steil bergab, aber bis zum Ziel wird es noch reichen.“

Kurz vor dem Ziel beim 42. int. Steinhuder-Meer-Lauf
Der letzte Meter des 42. int. Steinhuder-Meer-Laufs

Und so war es: Nach 1:29:31 Std. erreichte ich unter Anfeuerung und Begleitung meiner Frau und unsere Kinder reichlich erschöpft das Ziel. Ich war Fünfter und sogar Zweiter meiner Altersklasse geworden, aber zu erschöpft für eine ausgiebige Feierei. Außerdem drängte meine Frau zum Aufbruch. Einem der Zwillingsmädchen ging es schlecht, sie hatte bereits gebrochen. Und noch auf dem Weg zum Auto wiederholte sich das Prozedere, ehe im Auto auch unser mittlerer Sohn erbrach. Er sollte nicht der Letzte sein. Am Ende des Sonntags hatte es gleich sechs von uns erwischt. Ein Abschluss, den wir uns gerne erspart hätten.

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