Lauftagebuch

Virtual Runs und ausgefallene Medaillen – Laufwettkämpfe trotz Corona

Die Welt ist dieses Frühjahr eine andere. Was wir für selbstverständlich erachtet haben, ist inzwischen Luxus geworden. Freunde treffen, sich frei bewegen, essen gehen. In den Supermärkten klaffen Lücken, der Mangel an Klopapier ist jetzt schon legendär und bereits heute Anlass für Hohn und Spott. Auch das Laufen kann sich der Corona-Pandemie nicht entziehen und ist Änderungen unterworfen. Lauftreffs sind gestrichen, Wettkämpfe abgesagt, in einigen Ländern und sogar in Teilen von Deutschland ist das Laufen sogar nur noch dann möglich, wenn man zu den Glücklichen gehört, die ein Laufband besitzen. Das Laufen im Freien ist schlicht dem Hausarrest zum Opfer gefallen.

Im besten Fall darf man also noch vor die Tür und alleine oder maximal als Duo den befreienden Effekt eines Dauerlaufs genießen. Für mich ohnehin ein Ventil, hat das Laufen dieser Tage mehr denn je eine reinigende Wirkung auf mich, weil ich dabei keinen Beschränkungen unterliege und mein Training wie gewohnt abspulen kann. Was mir allerdings fehlt, ist das Ziel, auf das ich mich vorbereiten kann. Alle Wettkämpfe sind bis auf Weiteres abgesagt und ein Ende des Kontaktverbotes ist realistisch gesehen nicht in Sicht. Was also tun?

Einige Veranstalter und andere dem Laufsport verbundene Organe haben schnell erkannt, dass es landauf, landab zahlreiche Läufer und Läuferinnen gibt, die viel Zeit in ihr Training investiert haben und nach einer wie auch immer gearteten Möglichkeit suchen, ihre PS auf die Straße bringen. Eine Auswahl.

Der #stayathomemarathon

Wie alle Frühjahrsmarathons ist auch der HAJ Hannover Marathon abgesagt worden und wird auch nicht verschoben. Stattdessen soll der Jubiläumslauf im kommenden Jahr stattfinden. Damit das Training aber nicht vergebens ist und vor allem allen doch ein gemeinsames Erlebnis zu ermöglichen, haben sich Stefanie Eichel und ihr Team etwas Besonders ausgedacht. Unter dem Hashtag #stayathomemarathon sollen am ursprünglich angesetzten Termin, dem 26. April, ab 9 Uhr Interessierte einen Lauf über eine beliebige Länge absolvieren. Wer sich bis zum 16.4. über ein eigens eingerichtetes Meldeformular für den Lauf kostenlos registriert, erhält im Vorfeld seine echte Startnummer und die Finishermedaille! Auch Neuregistrierungen sind möglich.

Einzige Bedingung: Die Regeln für das Kontaktverbot müssen eingehalten werden. Ausdrücklich sollen sich keine Flashmobs bilden oder Laufgruppen zusammentun, um an diesem Tag gemeinsam zu laufen. Jeder soll für sich laufen, obgleich man durch den koordinierten Lauf wenigstens gedanklich gemeinsam läuft. Am Ende wird es keine Ergebnislisten geben, doch wird eine Meldeliste festhalten, wer sich an diesem Tag dem Lauf angeschlossen hat.

Stefanie Eichel erklärt ihre Idee vom #stayathomemarathon

Trotz dieser zusätzlichen Leistung hat sich der Hannover Marathon dazu entschlossen, den Startplatz auf das nächste Jahr zu übertragen oder das Startgeld unbürokratisch zurückzuzahlen.

Auch der Gorch-Fock-Lauf setzt auf die virtuelle Durchführung seiner 15. Auflage. Kostenpunkt: 12 € inkl. Medaille. Der Startschuss zum „Virtual Solo Run“ fällt am 14. Juni. Einen Teil der Startgelder spendet der Veranstalter einem wohltätigen Zweck, mindestens aber 1000 €.

Der #coronathon

Als einer der ersten reagierte das wohl renommierteste Laufmagazin der Welt auf die Corona-Krise. Die Runner’s World hob kurz nach dem Bekanntwerden der ersten Absagen den #coronathon aus der Taufe. Auch hier ist der Gedanke, eine Alternative für die ausgefallenen Wettkämpfe anzubieten. Einfach weitertrainierten und am Tag x den Wettkampf, den man sich eigentlich vorgenommen hatte, privat und allein laufen. Anschließend kann man sich eine Urkunde als PDF-Datei herunterladen, ausdrucken und mit den Angaben seines Laufs füllen.

Eine Kontrolle der Leistung erfolgt nicht, jeder ist nur sich selbst Rechenschaft schuldig.

1. Anti Corona Run

1. Anti-Corona-Run
Der 1. Anti-Corona-Run von HDSports.at

Ähnlich wie die Initiative der Runner’s World ist auch der 1. Anti Corona Run angelegt, eine Idee des Online-Portals hdsports.at. Auch bei dieser Aktion erhält jeder Teilnehmer letztlich eine Urkunde. Doch geht hdsports.at etwas weiter und gibt zehn verschiedene Strecken vor, die man absolvieren kann. Neben den klassischen Distanzen – 10 km, Halbmarathon und Marathon – sind auch eher untypische Strecken auswählbar, z.B. die Meile oder 25 km.

Bedingung für den Erhalt einer Urkunde ist, dass man seinen Lauf über das auf der Website angelegte Formular hochlädt. Der Lauf soll mit einer Tracking-App oder einer Uhr aufgezeichnet worden sein, eine Leistungskontrolle gibt es aber nicht. Wer den Wettkampf sucht, für den ist diese Lösung vielleicht die Richtige. Durch das Hochladen der Ergebnisse und feste Vorgabe der Distanzen können Leistungen strukturiert erfasst und Ergebnislisten gebildet werden.

Die Bestleistung beim Marathon steht aktuell (3.4.) bei beachtlichen 2:45:31 Std. bei den Männern und bei 3:54:33 Std. bei den Frauen, beim Halbmarathon bei 1:20:58 Std. und 1:38:42 Std.

Vorerst läuft die Aktion bis zum 31.5.2020, es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass sie je nach Entwicklung der Situation noch verlängert wird.

Wings for Life App Run

Der Wings for Life World Run startet jedes Jahr weltweit zur gleichen Zeit und hat einen gänzlich anderen Modus als andere Läufe. Es gilt so lange wie möglich einem sog. Catcher Car zu entkommen, das 30 Minuten nach Start des Rennens mit steigender Geschwindigkeit zur Verfolgung ansetzt. Beendet ist das Rennen, wenn man vom Fahrzeug überholt wird.

Was anderen Läufen widerfahren ist, gilt auch für die Flagship Runs des Wings for Life World Run, sie sind den behördlichen Auflagen zum Opfer gefallen. Die Flagship Runs finden weltweit in unterschiedlichen Orten statt und sind organisierte Läufe mit allem drum und dran. Hier verfolgt ein echtes Fahrzeug normalerweise die tausenden Läufer. Nicht so in diesem Jahr. Wie jedes Jahr wird es aber den sog. App Run geben, der – wie der Name bereits vermuten lässt – mithilfe einer App durchgeführt wird und stattfinden darf, weil man dabei alleine unterwegs ist und nur von einem virtuellen Catcher Car gejagt wird.

Voraussetzung für die Teilnahme am 3. Mai – das ist der feste Termin – ist eine vorherige kostenpflichtige Registrierung. Die 20 €, die dafür anfallen, kommen zu 100 % der Forschung zugute. Anschließend ist die Installation einer App auf dem Smartphone notwendig. Über die App muss am 3. Mai um 13 Uhr (in Deutschland) der eigene lauf aufgezeichnet werden. Die App simuliert auch das Catcher Car und informiert darüber, wann man gefangen wurde.

Der Veranstalter stellt Ergebnislisten zur Verfügung, Teilnehmer erhalten eine Urkunde.

Die Corona-Medaille

Corona-Médaille
Die Corona-Medaille des Anbieters Memory Line

Für diejenigen, denen eine Urkunde nicht genügt, hat sich der Anbieter Memory Line etwas ausgedacht. Normalerweise spezialisiert auf individualisierte Poster von Marathonstrecken, kann man sich für 14 € die Corona-Medaille sichern und sich selbst für sein Training belohnen. Es gibt Medaillen für 5 und 10 km, den Halbmarathon und Marathon. Einen Leistungsnachweis muss man natürlich nicht erbringen, nur ehrlich zu sich selbst sein.

Crowdlauf

Crowdlauf hat sich dem Aufklärungsgedanken verschrieben und eine Vielzahl farbenfroher Medaillen im Angebot. Jede Medaille greift ein spezielles ökologisches oder soziales Thema mit dem Ziel auf, dieses über die sozialen Kanäle bekannt zu machen. Die Erlöse aus dem Verkauf der Medaillen fließen zu 75 % an gemeinnützige Projekte. Bekannt vor allem ist die „Million Hopes“-Medaille, die zu Zeiten der großen Waldbrände in Australien aufkam.

Die „Million Hopes“-Medaille von crowdlauf.de

Prinzipiell kann sich jeder ohne jegliche Bedingung eine Medaille sichern, ob mit oder ohne Lauf. Gedacht ist die Medaille aber als Belohnung für einen Lauf. Getreu dem Motto „Jeder Kilometer zählt“, sollte die Distanz des Laufs anschließend bei einem der themenbezogenen Virtual Runs eingetragen werden. Hierfür ist eine Registrierung notwendig, Spenden sind nicht verpflichtend, werden aber gerne genommen.

Crowdlauf existierte schon vor Corona und normalerweise steht der Aufklärungs- vor dem Leistungsgedanken. Seit den flächendeckenden Absagen der Laufveranstaltungen in diesem Jahr hat Crowdlauf aber gezielt einen wettkampforientierten Virtual Run„Beyond Absage“ – eingeführt. Die Teilnahmegebühr beträgt 5 €, die im Shop für den Kauf einer Medaille eingesetzt werden können und zu beliebig vielen Starts berechtigt. Eine Leistungskontrolle findet statt, indem man einen Social-Media-Post verlinken muss, aus dem die gelaufene Distanz und Zeit hervorgeht. So wird eine Rangfolge über verschiedene Distanzen gebildet.

lauf-weiter.de

Auf www.lauf-weiter.de kann man sich für verschiedene virtuelle Läufe anmelden. Teilweise sind es eigens ins Leben gerufene Läufe, andererseits die virtuellen Pendants zu den ursprünglich geplanten Läufen. Die Anmeldung erfolgt über das Zeitmessportal my.raceresult.com und ist zumeist kostenfrei. Spenden für die Veranstalter der Läufe können im Zuge der Anmeldung erfolgen, über ein Supporter-T-Shirt kann das Portal lauf-weiter.de unterstützt werden.

Die Aufzeichnung der Läufe erfolgt mittels App oder Laufuhr, der Lauf muss innerhalb eines Zeitfensters hochgeladen werden. Wer zu wenig läuft, wird nicht gewertet, wer zu viel läuft, bestraft sich selbst, weil die Zeit der Gesamtaktivität in die Wertung eingeht. Das Portal verfolgt also einen wettkampforientierten Ansatz. Folgerichtig gibt es im Anschluss an einen Lauf auch Ergebnislisten und auch eine Urkunde über seine Teilnahme bekommt man elektronisch für den Druck zuhause.

#beatcorona virtual Adventure Run

Bei diesem Lauf gewinnt nicht der oder die Schnellste, zum Sieger gekürt wird, wer am gleichmäßigsten die vorgegebenen Distanzen läuft. An unterschiedlichen Tagen sind vier getrennte Aktivitäten von jeweils drei Kilometern Länge aufzuzeichnen und über ein Webportal hochzuladen. Eine vorherige Registrierung ist erforderlich und kostest 29 €, vom Reingewinn geht ein Teil an die Corona-Hilfe. Für das Startgeld erhält jeder Teilnehmer eine Startnummer zum Ausdrucken sowie eine Medaille, Mehrfachanmeldungen sind möglich.

Der Veranstalter Adventure Runs legt großen Wert auf die Einhaltung der Regeln – Abstand halten, alleine laufen!

RUNALYZE Osterlauf

RUNALYZE ist eine private Analyseplattform mit weitreichenden Einstellmöglichkeiten, Statistiken und Statistiken. Normalerweise liegt der Fokus der Plattform auf der Auswertung und Steuerung des Trainings von Ausdauersportlern.

Für registrierte Nutzer organisiert runalyze zwischen dem 10. und 13. April einen „Osterlauf“ über 5 oder 10 km. Um dabei zu sein, genügt es, wenn man einen Lauf über die entsprechende Distanz im betreffenden Zeitraum als Wettkampf markiert. Jeder in Frage kommende Lauf, wird automatisch in die Ergebnislisten übertragen. Unter allen Teilnehmern werden drei T-Shirts verlost.

Strava April Marathon Challenge

Virtuelles Abzeichen auf strava.com

Die bei Läufern beliebte Plattform Strava hat im April eine eigene Herausforderung für Marathonläufer angelegt. Für einen Lauf über die Marathondistanz erhält man ein virtuelles Abzeichen und natürlich gibt es hier Ranglisten, die nach verschiedenen Kriterien gebildet werden. Die erforderliche Registrierung und Nutzung von Strava ist kostenlos, gleiches gilt für die Teilnahme an der Herausforderung.

4 Comments on “Virtual Runs und ausgefallene Medaillen – Laufwettkämpfe trotz Corona

  1. Wir haben auch bei Strava mitgemacht und haben uns das virtuelle Abzeichen gesichert. Ansonsten sind wir den Gemeinsam stark-Lauf bei Schrittmeister mitgelaufen und haben uns dort unsere Corona-Medaille gesichert.
    So konnten wir zumindest noch eine Medaille erlaufen, weil unsere Pläne alle zunichte gemacht wurden.
    Lg

  2. Ich mach seit einiger Zeit virtuelle Läufe mit. Ich muss sagen dass mir das so Spaß macht und mich immer wieder aufs Neue herausfordert dass ich diese auch weitermache. Zum Einen handelt es sich oft um Spendenläufe und zum Anderen sind die Medaillen einfach der Hammer! Vollauf

    1. Die Medaillen sind wirklich klasse! Und ich finde die virtuellen Läufe sind eine gute Entwicklung, die in der zwangsweise wettkampffreien Zeit eingetreten ist. Trotzdem freue ich mich schon richtig auf den nächsten „echten“ Wettkampf. Das wird toll.

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