Lauftagebuch

Sonnenbrand, ein frühes Ende und die Erkenntnis, dass es nicht bei jedem Lauf läuft

Hinten ist die Ente fett. 35 km habe ich gerade hinter mir und ich spüre, dass nichts mehr geht. Ab jetzt beginnt das, was ich schon so oft erlebt habe, wenn ich gegen die Wand gelaufen bin. Ich setzte mich auf eine Bank im Schatten, trinke und nehme ein Gel zu mir. Es ist viel heißer als es lt. Wettervorhersage hätte sein sollen, die Wolken, die gerade ein wenig von der Wucht der Sonne nehmen, sind erst vor wenigen Minuten aufgezogen. Zu spät für mich, ich bin bereits geröstet. Im buchstäblichen Sinn, wie meine Hautfarbe mir später verraten wird, und im übertragenen Sinn. Ich bin richtig schön geplatzt.

Den ersten Anflug eines kleinen Einbruchs hatte ich bereits nach 25 km. Ganz kurz hatte ich in diesem Augenblick das Gefühl stehen bleiben zu müssen, mich dann aber berappelt. Für die nächsten fünf Kilometer ging es wieder, obwohl das Gelände leicht anstieg. Bei der Marke von 30 Kilometern war ich noch einigermaßen guter Dinge. Das änderte sich auf den nächsten fünf Kilometern, spätestens nachdem ich hinter der kleinen Ortschaft Rüper die A2 unterquert hatte und mich einen kleinen Anstieg hinauf mühen musste. Mit dem festen Ziel „35 km“ hielt ich noch durch, dann pflanzte ich mich auf die bereits erwähnte Bank.

Ich schreibe eine Nachricht nach Hause, teile mit, dass ich in der Nähe von Braunschweig auf einer Parkbank versackt und ziemlich am Ende bin. Eine geschlagene Viertelstunde mache ich Pause! Danach probiere ich es wieder und bin zunächst überrascht, dass es gut geht. Vielleicht haben das Trinken und das Gel ja geholfen. Ein Irrtum, der mir nach zwei Kilometern ziemlich deutlich wird. Ich mühe mich noch bis 38 km, mache dann wieder Pause. Zumindest die Landschaft ist wirklich toll. Ich befinde mich in den Braunschweiger Rieselfeldern. Wie gerne würde ich in einen der vielen Teiche springen! Mir ist noch immer heiß, viel zu heiß und ich schwitze aus jeder verdammten Pore.

St. Pankratius im Rücken

Bei der Planung des Laufs war ich noch von idealen Bedingungen ausgegangen. Leicht bewölkt und nicht zu warm. Davon war schon beim Loslaufen nicht mehr die Rede. Der Himmel war bereits zum Start um 7 Uhr morgens blau. Weil ich mich aber über viele Kilometer durch das Burgdorfer Holz arbeitete, fiel das zunächst gar nicht ins Gewicht. Gut beschattet von den hohen Bäumen, war es morgendlich kühl. Sehr angenehm. Und dennoch fuhr ich mir schon da sorgenvoll an die Brust. Noch war das Singlet trocken. Noch.

Das erste Gel, das erste kleine Tief

Nach etwa 11 km verließ ich den schützenden Schatten der Bäume. Von da ging es die nächsten Kilometer zunächst direkt auf der Straße, dann auf Fahrradwege durch ein Dorf nach dem anderen. Oelerse, Abbensen, Wendesse – ich merkte, hier kenne ich mich nicht aus. Spätestens jetzt begann die Sonne damit, mich zu braten. Ich hatte mir feste Zeitpunkte für die Wasseraufnahme zurechtgelegt und trank ungefähr alle fünf Kilometer. Ich wollte mit dem Wasser haushalten.

Ein letztes Gel

Jetzt sitze ich hier bei Kilometer 39 und das Wasser geht wirklich zur Neige. Nach dem kurzen Stopp bei Kilometer 38 bin ich nur bis hier gekommen, der Tank ist leer und ich spüre einen Sonnenbrand aufziehen. Es ist noch immer ziemlich viel Zeit auf der Uhr, bis meine Frau mich irgendwo auflesen kann. Bis zum Ziel sind es noch 20 km. Mit den Puddingbeinen komme ich so weit nicht. Zumindest nicht laufend. Ich mache ein paar Bilder und ziehe mir ein Honig-Gel rein. Lecker, richtig gut. Aber viel helfen wird es mir nicht, fürchte ich. Das braucht ja auch ein paar Minuten, bis es vom Körper verstoffwechselt wird und bereitsteht. Ich bleibe einfach noch ein wenig sitzen. Dass mein Wassertank leer ist, hebt meine Stimmung nicht unbedingt. Irgendwann muss ich aber weiter. Wenigstens noch ein paar Kilometer. 17 Minuten Pause sind genug.

Nach 41 km stehe ich wieder – auf einem Friedhof. Das hat durchaus Symbolcharakter. Es wäre besser, den Lauf zu beerdigen. Der Grund für meinen Abstecher ist der Wasserhahn, den ich nutze, um mir den Schweiß von Armen zu spülen, lasse mir das Wasser über Nacken und Kopf laufen. Mit voller Wasserblase laufe ich weiter, komme aber nur einen einzigen Kilometer weit. Mir ist übel und ich halte an. Jetzt macht es wirklich keinen Spaß mehr. Ich mache im gleichen Rhythmus weiter, laufe immer ungefähr einen Kilometer, pausiere dann. Ist das ätzend. Die Sonne hat mich heute aus dem Rennen genommen.

Der Ölper See und die Oker lenken mich etwas ab. Ich bin inzwischen in Braunschweig angekommen. Dadurch fühlt sich der Lauf wenigstens nicht ganz so verpatzt an, es ist ein zufrieden machendes Gefühl, trotz meines nicht so guten Tages bis hierher gekommen zu sein. Als ich aus dem Gebiet am Ölper See direkt in die Nordstadt komme, beschließe ich, den Lauf zu beenden. Es ist komplett sinnlos, was ich hier mache. Ich bin schon lange durch für heute und durch das Stop & Go habe ich auch keinen richtigen Trainingseffekt mehr. Mit Laufen hat es jedenfalls nur noch wenig zu tun. Klar, ich würde irgendwann auch an meinem Ziel – dem Tierpark Essehof – ankommen, nur ist das nicht die Art und Weise, wie ich das schaffen will. Ich muss meine Distanzen noch ein wenig ausweiten, wenn ich den Schweriner Seentrail bewältigen will. Aber dafür gibt es auch noch andere Tage mit besseren Wetterbedingungen. Aber wo ich schon beim Wetter bin: Der Lauf heute hat mich alarmiert. Wenn die Umstände am 26.8. ähnlich sind, werden die 61 km ein hartes, hartes Stück Arbeit, das ich nicht ohne eine optimierte Flüssigkeitsaufnahme schaffen werde. Wichtig ist jetzt aber: Nicht kirre machen lassen und den Tag mit den Kindern genießen. Denn die haben lange genug auf mich verzichtet!

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